Während Salesforce stolz verkündet, dass intern bereits 84 % aller Anfragen von KI beantwortet werden, stellen sich für die, die mit Kunden arbeiten, ganz andere Fragen:
Wem gehört eigentlich der Kunde noch – der Maschine oder dem Menschen?
Und wer trägt die Verantwortung, wenn etwas schiefläuft?
Governance – das Gewissen der Maschine?
Der Begriff Governance taucht mittlerweile in fast jeder strategischen Präsentation auf. Meist als Feigenblatt, das man wie ein Compliance-Siegel neben den Chatbot-Avatar klebt. Dabei geht es in Wahrheit um etwas viel Tieferes: Kontrolle, Ethik, Haftung und Transparenz.
Oder wie ich es gerne nenne: das Gewissen der Maschine.
Doch genau dieses Gewissen wird gerade systematisch ausgehebelt. Unternehmen feuern reihenweise Mitarbeiter:innen und lassen KI-Systeme sprechen, entscheiden und oft auch scheitern. Klarna z. B. musste nach dem Rausschmiss von 700 Supportkräften eingestehen, dass die KI eben doch nicht alles kann – und stellte wieder Menschen ein. Ein Paradebeispiel dafür, dass Automatisierung ohne Governance zur Farce wird.
Kundenservice: Menschlich. Maschinell. Verloren?
Fragt man Kunden, was sie sich vom Service wünschen, dann sind es keine 24/7‑Chatbots oder seelenlosen Automatisierungssprints. Es sind Werte wie:
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Zuverlässigkeit
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Empathie
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Lösungsorientierung
Doch diese Werte sind unter KI-Bedingungen nur schwer skalierbar. Der Algorithmus kennt keine Emotion, keine Nuance, keine Beziehung. Die neuen AgenticAI erledigen Aufgaben selbstständig, oft schneller als der Mensch – aber sie verstehen nicht.
Und das ist ein Problem.
Denn Kundenbindung entsteht nicht durch Effizienz. Sondern durch Verbindung.
Die Falle der Effizienzreligion
Wozu braucht ein Kunde eigentlich Governance? Ganz einfach: Weil es eben nicht reicht, wenn ein Chatbot „es versucht“. Wenn automatisierte Systeme falsche Preise ausgeben, falsche Rückgaben genehmigen oder bei sensiblen Themen wie Gesundheit, Finanzen oder Mietverträgen schlicht falsche Entscheidungen treffen, wird der Schaden schnell real – emotional, rechtlich, finanziell.
Die Branche hat sich blind in die Effizienzreligion gestürzt – und Governance bestenfalls als „KI-Policy“ mit ein paar ethischen PDFs umgesetzt.
Das reicht nicht.
Governance muss gelebter Prozess sein: mit Eskalationsketten, menschlichen Kontrollinstanzen, transparenten Algorithmen, auditierbaren Logs und der Erkenntnis, dass nicht jeder Chat ein Gewinn ist, nur weil er 80 % günstiger ist.
Resilienz: Was passiert, wenn die KI versagt?
Am 19. Juli 2024 fiel die halbe IT‑Welt aus. Grund war ein fehlerhaftes Update von CrowdStrike, das Windows-Systeme weltweit lahmlegte – von Flughäfen bis zu Callcentern. Die schöne neue Welt stand still. Dieser Vorfall zeigte, wie abhängig wir geworden sind.
Resilienz, also die Widerstandskraft von Systemen, ist deshalb so essenziell. Nicht der schönste Chatbot, nicht die klügste KI und nicht der netteste Prompt zählen – sondern: Wie schnell kann ich wieder arbeiten, wenn alles kracht?
Resilienz bedeutet nicht nur, Backups zu haben.
Es bedeutet: dezentrale Steuerung, menschliche Redundanz und Klarheit über den Ernstfall.
Und damit sind wir beim nächsten Hype angekommen.
Der nächsten Sau, die durchs Dorf getrieben wird.
Quantencomputer – die neue Angstmaschine
Quantencomputer gelten als der nächste große Gamechanger. Sie sollen Rechnungen in Sekunden lösen, für die heutige Supercomputer Jahre bräuchten. Und ja – das klingt erstmal wie Science-Fiction.
Doch mit jedem Fortschritt steigt auch die Angst:
Was passiert, wenn ein Quantencomputer alle heutigen Verschlüsselungssysteme in Minuten knacken kann?
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Kundendaten wären nicht mehr sicher.
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Unternehmensgeheimnisse wären offen wie Bücher.
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Die digitale Infrastruktur würde implodieren.
Einige sprechen bereits von einem „Y2Q“-Moment – dem Tag, an dem Quantencomputer die digitale Sicherheit vernichten, so wie das Jahr-2000-Problem einst drohte.
Bitcoin bleibt – alles andere könnte verschwinden
Und hier kommt ein Hoffnungsträger ins Spiel, der oft belächelt wurde:
Der Bitcoin.
Während viele glauben, der Bitcoin sei durch Quantencomputer gefährdet, ist die Realität differenzierter. Die dezentrale Struktur, der offene Code und die riesige Mining-Community machen das Netzwerk äußerst resilient. Viel resilienter als zentrale Cloud-Dienste, zentrale Identitäten oder zentralisierte KI-Systeme.
Der Bitcoin ist das digitale Äquivalent eines funktionierenden Governance-Systems.
Er ist transparent, verlässlich, unabhängig – und:
resilient gegen den Kontrollverlust.
Das ist kein Zufall, sondern Teil seiner DNA:
Niemand kann den Bitcoin ausschalten, niemand kann den Bitcoin abschalten und niemand kann den Bitcoin updaten, ohne dass das Netzwerk zustimmt.
Zwischenfazit: Die KI will Kontrolle – der Bitcoin gibt Freiheit
Diese beiden technologischen Entwicklungen zeigen entgegengesetzte Richtungen:
Technologie |
Ziel |
Governance |
Risiko |
Resilienz |
Künstliche Intelligenz |
Automatisierung |
fraglich / intern |
Kontrollverlust, Fehlentscheidungen |
niedrig (zentral) |
Quantencomputer |
Superleistung |
nicht vorhanden |
Systemischer Kollaps |
hoch – wenn dezentral |
Bitcoin |
Stabilität, Schutz |
durch Code + Community |
nur durch globale Regulierung angreifbar |
sehr hoch |
Was heißt das für den Kundenservice?
Mehr, als man denkt.
Denn Service ist nicht nur Technik, sondern Vertrauen. Kunden wollen keine Maschine, die vorgibt, zu helfen – sondern Sicherheit, Klarheit und Verbindung.
Wer heute Kundenservice neu denkt, muss drei Dinge zusammenbringen:
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KI ja – aber mit Governance.
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Setze KI dort ein, wo sie stärkt, nicht ersetzt.
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Kontrolliere, dokumentiere, schaffe Rückkanäle.
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Resilienz vor Hype.
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Baue keine Service-Infrastruktur, die bei einem Update kollabiert.
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Halte menschliche Kompetenz im System.
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Vertraue auf das, was bleibt.
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Bitcoin mag kein Service-Tool sein, aber es zeigt, was gute Technologie leisten muss: Vertrauen schaffen, das bleibt – selbst wenn alles andere kippt.
Was tun wir jetzt?
Diese Frage muss jede:r Leser:in für sich beantworten. Vielleicht hilft ein innerer Dialog:
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Vertraue ich blind auf Technologie, weil sie neu ist?
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Habe ich einen Notfallplan, wenn sie versagt?
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Weiß ich, wem ich die Verantwortung überlasse?
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Bin ich bereit, echte Governance zu leben – oder will ich nur schneller skalieren?
Fazit: Vertrauen ist das neue Kapital
Kundenservice war immer ein Spiel auf Vertrauen. Die KI-Welle hat viel versprochen – und einiges gehalten. Doch sie hat auch gezeigt, wie schnell wir unser größtes Gut verspielen können, wenn Governance fehlt.
Die Quantencomputer kommen – früher oder später.
Der Bitcoin bleibt – jetzt und vielleicht für immer.
Und der Mensch?
Er muss entscheiden: Will er Technik nutzen oder sich von ihr benutzen lassen?
Quellen & Lesetipps:
-
TechRadar.
„Microsoft spart 500 Millionen US-Dollar durch KI – trotz gleichzeitiger Massenentlassungen.“ TechRadar Pro, Februar 2025. -
The Australian.
„Telstra entlässt 550 Mitarbeitende – laut Unternehmen nicht wegen KI.“ The Australian, Wirtschaftsressort, Januar 2025. -
Business Insider.
„Wie Softwareunternehmen KI-Agenten entwickeln und ihre Mitarbeitenden auf die nächste Generation generativer KI vorbereiten.“ Business Insider, März 2025. -
The Economic Times (Indien).
„Start-ups drängen auf den Finanzdienstleistungssektor mit GenAI-Lösungen für den Kundenservice.“ Economic Times, Technik-Ressort, März 2025. -
Wikipedia.
„IT-Ausfälle im Zusammenhang mit CrowdStrike im Jahr 2024.“ Letzte Änderung am 21. Juli 2024. Wikipedia. -
Bitcoin Magazine.
„Wie Bitcoin einem Angriff durch Quantencomputer standhält.“ Bitcoin Magazine, abgerufen im Mai 2025. -
TextMagic.
„Kundenservice-Trends 2025: KI, Personalisierung und Omnichannel.“ TextMagic Blog, Januar 2025. -
Investor’s Business Daily.
„SoundHound-Aktie steigt durch Vorstoß in Agentic AI.“ Investors.com, Februar 2025.