Schaffen wir die richtigen Voraussetzungen für die Generation Alpha?

Schöne neue Arbeitswelt

Wer heute in den Chefetagen sitzt, gehört meist der Generation X oder Y an. Die jüngsten Vertreter sind um die 40, die älteren schon kurz vor der Rente. Digitalisierung, Internet, Smartphones sind Dinge, mit denen sie nicht aufgewachsen sind. Ihre Kindheit und die Ausbildungsjahre waren noch analog. Faxgeräte, Briefe und Handarbeit wurden in einigen Bereichen erst im Laufe ihrer Jugend durch automatische Prozesse, Computer und digitale Verfahren abgelöst. Dies spiegelt sich auch in ihrer Einstellung zur Arbeit wider. Arbeit hat einen hohen Stellenwert für sie. Man arbeitet, um sich ein gutes Leben leisten zu können, und Karriere zu machen, ist für viele im Fokus. Wie findet die Generation Alpha das und worauf müssen wir uns einstellen?

Mit der Genration X gemeinsam beherrschen aktuell die Millenials der Generation Y den Arbeitsmarkt. Geboren in den 80er- und 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts sind sie die ersten Digital Natives. Sie sind mit der Digitalisierung und all ihren Facetten aufgewachsen. Sie sind es auch, die die New Work maßgeblich, oft auch gegen den Widerstand der Gen X, vorantreiben. Denn Arbeit ist für sie mehr als nur Mittel zum Zweck. Sie suchen einen Job, der ihnen Spaß macht und sich mit ihrem Leben vereinbaren lässt. 

Ihnen folgt die Genration Z, geboren nach 2000, die ersten des 21. Jahrhunderts. Die Generation YouTube, die die Digitalisierung schon komplett in ihr Alltagsleben integriert hat. Sie starten gerade ins Familienleben, entern den Arbeitsmarkt und stellen höchste Ansprüche an Werte wie Unabhängigkeit und freie Entfaltung. Selbstverwirklichung soll dabei nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch im Privatleben stattfinden. Flexibilität ist daher besonders wichtig, dies gilt für Arbeitszeiten, Arbeitsorte und auch für Arbeitgeber.  

Die darauffolgende Generation Alpha steckt sprichwörtlich noch in den Kinderschuhen oder ist noch gar nicht geboren. Die 2010 bis 2025 geborenen gehören zur ersten Generation, die komplett im 21. Jahrhundert aufwächst. Die neuen „Alphas“, die vielleicht in 20 bis 25 Jahren auf den Arbeitsmarkt streben, kennen die analoge Welt kaum noch. Kaum können sie klar sehen, sind sie in der Lage, Touchscreens zu bedienen und per Spracherkennung Spielzeug zu steuern. Viele lernen das Swipen auf dem Bildschirm noch vor dem Sprechen.  

Was für die Eltern und erst recht für die Großeltern noch wie Zukunftsvision und Science-Fiction klang, ist für sie längst Alltag geworden.  

 Wo stehen wir also heute, wenn es um Leben und Arbeiten geht? 

Man sollte meinen, dem neuen Arbeiten und der Digitalisierung steht nun nichts mehr im Weg. Denn, wer aktuell auf den Arbeitsmarkt strebt, ist aufgeschlossen und offen für das neue, das andere Arbeiten – Smart Working mehr als ein Buzzword, sondern eher eine Lebenseinstellung. 

Viele hadern wir noch mit dem Umbruch und richtig in Fahrt kam der digitale Fortschritt auch nur an den wenigsten Stellen. Corona hat uns allerdings dazu gezwungen, den schleichenden Prozess der Digitalisierung deutlich zu beschleunigen. Der Wandel, der sich ohne die Pandemie womöglich noch über Jahre oder Jahrzehnte gezogen hätte, ist nun im Schnelldurchlauf geschehen. Was mit der aktuellen Technik sicherlich möglich ist, ist im Kopf jedoch nicht für alle so schnell umzusetzen. 

Betrachtet man die Genrationen X, Y und Z, hat sich die Einstellung zur Arbeit in den letzten Jahrzehnten langsam, aber dennoch deutlich verändert. Während die heute 30- bis 40-Jährigen Verbindlichkeit schätzen und die Work-Life-Balance als Notwendigkeit sehen, ist die nächste Generation eher unverbindlich.  

Generation X, heute 40+, arbeitet, um zu leben, Y will erst das Leben, dann die Arbeit. Das bedeutet aber auch, dass Dinge wie mobiles Arbeiten, Flexibilität im Denken und Handeln und die schnelle Anpassung an neue Situationen, Innovationen und andere Rahmenbedingungen für diese Generation selbstverständlich sind. Doch diese Entwicklung hat eben auch Jahrzehnte benötigt.  

Kann Corona ein Beschleuniger des Fortschritts sein und wirkt sich so positiv auf den Wandel der Arbeit aus? Schaffen wir also durch die Zwangsrevolution bessere Grundlagen für die kommende Generation Alpha? Oder wirft uns die aktuelle Situation eher wieder zurück, weil wir in Notlösungen und Grobkonzepten verharren und uns in Wahrheit nach dem Althergebrachten sehnen?  

 Schaffen wir die Basis für die Arbeitswelt der Generation Alpha? 

Corona und damit der erste Shutdown und die Homeoffice-Pflicht haben viele gezwungen, quasi aus den Nichts Heimarbeitsplätze, Remote Offices und die Infrastruktur für mobiles Arbeiten zu schaffen. Betrachtet man die Zahlen, zunächst mit Erfolg. Arbeiteten vor Corona nur 4 % der Erwerbstätigen im Homeoffice, waren es im ersten Lockdown 27 %. Anfang 2021 sanken die Zahlen wieder auf 24 %.  

Ein Viertel aller Erwerbstätigen, größtenteils Digital Natives und Millenials, arbeiten also im Homeoffice. Aber ist das gleichzusetzen mit einem Erfolg des remote und mobilen Arbeitens oder besser gefragt: Ist das die Basis, die wir schaffen wollen, auf der wir die Zukunft der Arbeit aufbauen?  

Nur im Homeoffice zu sein, ist nämlich nicht gleichzusetzen mit Zufriedenheit, motiviert zu arbeiten und effizient zu sein und das ist es doch, was vor allen Dingen die Generationen Y und Z antreibt. Es lässt keinen Rückschluss darauf zu, wie dieses Homeoffice aussieht oder ob irgendeine Art von Konzept, das in Zukunft weitergegeben und auch weiterentwickelt werden kann, umgesetzt wurde.  

Sehen wir es realistisch, nur wenige Prozent der Arbeitnehmer:innen, die aktuell in ihren Wohnzimmern, Küchen oder auch den Abstellräumen in ihrem „Remote Office“ sitzen, haben sich mit dem Konzept der New Work oder auch dem Smart Working wirklich auseinandergesetzt, und auch nur wenige Arbeitgeber.  

Sicherlich kann man ihnen das nur zum Teil vorwerfen, wenn viele dieser Arbeitsplätze wurden ad hoc im ersten Lockdown geschaffen und quasi aus der Not geboren. Nur ist dieser erste Lockdown schon einige Zeit her und noch immer sind Campingtische und umgebaute Abstellräume an der Tagesordnung.  

Aber auch wer sich damit beschäftigt hat, seinen Arbeitnehmer:innen „gute“ Rahmenbedingungen zu schaffen, schießt manchmal übers Ziel hinaus. Statt New Work als komplexes Thema zu sehen, werden Richtlinien und Verordnungen zitiert und über die Tischhöhe und Sicherheitsbestimmungen diskutiert.  

 Gut gedacht, sicherlich, aber auch gut gemacht?  

Dass es auch anders geht, zeigen Beispiele wie Twitter oder die Deutsche Bank. Das amerikanische Unternehmen Twitter stellt seinen Mitarbeiter:innen frei, ob sie nach der Krise wieder ins Büro kommen wollen. Wenn nicht, ist auch uneingeschränkt Homeoffice möglich. Für die Ausstattung des Remote Office werden ihnen bis zu 1000 Dollar zur Verfügung gestellt.  

Die Deutsche Bank will ein permanentes Homeoffice-Konzept einführen. Hierbei sollen Mitarbeiter:innen bis zu drei Tage im Homeoffice arbeiten können. Alle fünf Jahre erhalten sie zudem eine Aufwandsentschädigung von 1000 Euro. Der Gedanke, nur zwei bis drei Tage remote zu arbeiten, ist dabei nicht neu. Die aixvox hat schon 2017 auf die Vorteile von zwei Tagen Homeoffice pro Woche verwiesen:  

  • zwei Stunden Fahrzeit für den Weg zwischen Wohnort und Arbeitsplatz werden eingespart 
  • 92 zurückgelegte Kilometer weniger zwischen Wohnort und Arbeitsplatz 
  • Minus 17,44 kg CO₂-Ausstoß bei 92 gesparten Kilometern 
  • Rund 16 Euro weniger für Benzin, Diesel und Abnutzung des Autos bei gesparten 92 km (Mittelklassewagen mit 8 l Verbrauch // 1,55 Euro/l Benzin = 11,41 Euro Spritkosten + 4,60 Euro Abnutzung) 

Also zwei Tage Homeoffice, eine gute technische Ausstattung, die passenden Lösungen zur Kollaboration und alles ist gut? Damit kann die kommende Generation dann weitermachen?  

Leider nicht, denn diese Gedanken greifen zu kurz.  

 Die Zukunft der Arbeit liegt nicht nur in der Technik 

Sicher, Technik ist wichtig und gerade in den letzten Jahren gab es viele neue Produkte und Lösungen, die uns die tägliche Arbeit deutlich erleichtert haben. Aber es reicht eben nicht, sich mit einem neuen Headset, einem schnellen Laptop und einer innovativen Collaboration-Plattform in sein Kämmerlein zu setzen. Das ist nicht Smart Working und auch nicht das, was wir die neue Normalität nennen möchten.  

Von „Einfach anders arbeiten“ haben wir schon 2009 gesprochen, lange noch, bevor wir an eine Pandemie überhaupt denken mussten. Und schon damals hatten wir nicht nur Technik, sondern auch Raum – das Arbeitsumfeld – und den Menschen, sein Denken, Handeln und Verhalten thematisiert.  

Zurück zum Anfang: Sind es wirklich Notlösungen oder Teillösungen, die wir der kommenden Generation Alpha hinterlassen wollen? Oder ist es jetzt an der Zeit, dass wir umfassende Konzepte schaffen und auch leben, die Mensch, Raum und Technik gleichermaßen berücksichtigen und Arbeitsplätze schaffen, die motiviertes und effizientes Arbeiten ermöglichen, unabhängig von Gebäuden, sondern nur basierend auf Tätigkeiten und gewünschten Ergebnissen?  

Betrachten wir noch einmal die kommende Generation Alpha, die in der digitalen Welt aufgewachsen ist und neue Technik und Technologien wie selbstverständlich nutzt. Über die Wichtigkeit von Collaboration, Video oder auch Cloud-Lösungen müssen wir Ihnen sicher nichts mehr erzählen.  

Vielmehr sollten wir ihnen Konzepte und Strategien hinterlassen, die aufzeigen, wie Menschen diese Lösungen optimal nutzen können und wie ihr räumliches Umfeld sie dabei unterstützen kann.  

Rituale und Strategien des New Work 

Eines dieser Konzepte ist sicherlich Activity Based Working. Also ein Konzept, bei dem Arbeit nicht mehr an einen Ort gebunden ist, sondern der Raum nach der Art der Arbeit ausgewählt wird. Dank hybrider Arbeitsplätze und mobilem Arbeiten ist dieser Ort nicht mehr nur im eigenen Heim oder im Unternehmen zu verorten, sondern kann überall dort sein, wo man sich wohlfühlt, motiviert ist und gerne arbeitet, vorausgesetzt, die Infrastruktur zum Arbeiten ist dort vorhanden.  

Im Mittelpunkt des New Work, dessen Entwicklung und Umsetzung wir für die kommenden Generationen vorantreiben sollten, steht also nicht die Arbeit, sondern der Mensch, seine Autonomie, sein Vertrauen und sein Wohlbefinden.  

Die Zeiten, in denen von 9 bis 17 Uhr gearbeitet wurde, stur bis alles abgearbeitet war, sind längst vorbei, das hat bereits die Generation Y eingesehen und in vielen Fällen durch flexible Zeitkonzepte umgesetzt.  

Doch es ist an der Zeit, einen Schritt weiterzugehen. Raum für Arbeit bedeutet nicht, dass dieser Raum vier Wände haben muss. In Zeiten fortschreitender Technologisierung sollten wir uns wieder auf die Natur besinnen und wieder beginnen, aus ihr Energie für unsere Tätigkeiten zu schöpfen.  

Wenn wir schon das sture Arbeiten an einem festen Ort für jetzt und alle Zukunft durch hybride Konzepte ersetzen möchten, dann sollten wir auch aktive Pausen einplanen, um Energie für neue Kreativität und Produktivität zu erlangen.  

Ein Beispiel hierfür sind Weetings, also Walking Meetings. Statt statisch im Konferenzraum oder vor der Kamera zu sitzen, trifft man sich und hält das Meeting im Gehen ab. Auch die naturnahe Gestaltung der Arbeitsbereiche oder der Spaziergang in der Mittagspause können neue Energie bringen.  

Der Raum für Produktivität, Konzentration und Interaktion ist also ein zentrales Thema in all unseren Überlegungen zum neuen Arbeiten. Fakt ist, wie bereits erwähnt, aktuell tragen viele der Arbeitsräume in den eigenen vier Wänden ihren Namen zu Unrecht. Fakt ist auch, dass es unser Ziel sein sollte, diese Situation zu ändern.  

Wenn wir von hybriden Arbeitsräumen sprechen, sollten wir in Zukunft von „wirklichen“ abgeschlossenen und privaten Heimarbeitsplätzen sprechen. Außerdem von gut ausgestatteten Coworking Spaces und optimal genutzten Flächen in Unternehmen, die Interaktion und Kollaboration ermöglichen.  

Neben den räumlichen Dimensionen sollten für die Zukunft der Arbeit aber auch die menschlichen im Mittelpunkt stehen. Schließlich ist er es, der produktiv, motiviert und effizient sein sollte. Was hilft der schönste Arbeitsraum – gleichgültig, wo er sich befindet – wenn das Umfeld demotivierend, die Ziele unerreichbar und Selbstverwirklichung ein Fremdwort ist.  

Das Miteinander, verantwortungsvolles Führen und die passende Unterstützung jedes einzelnen bei der Ausschöpfung der individuellen Potenziale gehören ebenfalls zu New Work.  

Damit ermöglichen wir es auch kommenden Generationen, Arbeitsplatzkonzepte weiterzuentwickeln und vor allen Dingen sich selbst zu entwickeln, ohne Einschränkungen. Wohin die Reise geht, werden wir leider nicht mehr erfahren. Aber die Basis für die Generation Alpha zu schaffen und damit für die Zukunft der Arbeit, sollte unser Ziel sein. 


Detlev Artelt

„Einfach Anders Arbeiten“ ist seit mehr als 15 Jahren ‚sein‘ Thema - in Workshops, Beratungen, Publikationen und Events. Detlev Artelt ist Geschäftsführer der aixvox GmbH, einem herstellerunabhängigen Beratungsunternehmen aus Aachen. Der Experte für Online Arbeit des eco e.V. leitet die Kompetenzgruppe Business Communications bei der EuroCloud und ist auch als Sprecher, Moderator sowie Beirat auf internationalen Kongressen tätig. Zudem ist er Co-Founder des Beraternetzwerks NEUWORK. Unter dem Brand „Einfach Online Arbeiten - EOA.live“ bietet er zudem mit einem Team an Experten die Konzeption und Durchführung von virtuellen und hybriden Events an. Detlev Artelt ist Herausgeber und Autor der Fachbuchreihe „voice compass“, den „PRAXISTIPPS Kundenkommunikation“ sowie von „EINFACH ANDERS ARBEITEN“.

Website aixvox

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